03.07.2021

„Musik ist die Vorfreude auf den Himmel“

Schw. Marichristin Zindorf
Deutschland

„Schon ein ganz kleines Lied kann viel Dunkel erhellen.“

(Franz von Assisi)

Im „Emilie-Zimmer“ in Kösching leben Schwestern, die im täglichen Leben alleine nicht mehr zurechtkommen und Hilfe brauchen. Ich darf sie begleiten.

Wir sitzen gerne nachmittags in der Leseecke im Flur. Es ist ein schönes Plätzchen, nur ein wenig dämmrig. Da kam jemand auf die Idee, eine große Leuchtröhre anzubringen. Das wurde der Anfang unserer Singstunde, kurz vor dem Advent. Das Singen macht den Schwestern so viel Freude, dass es nun nicht mehr ausfallen darf. Zuerst haben wir aus den grünen Liederbüchern die Advents- und Weihnachtslieder gesungen, an den Marienfesten aus den blauen Büchern, und in den derzeitigen Wochen sind die roten dran, in denen die alten Volks- und Wanderlieder stehen, und auch die beliebten Abendlieder.

Tagsüber wird oft nachgefragt, wann es Zeit ist zum Singen. Wir singen immer zur gleichen Zeit, eine halbe Stunde vor dem Abendessen. Manche sitzen schon viel früher da, um es nicht zu versäumen.

Der Gewinn unserer Singstunde ist es, dass es die Schwestern froh macht und wirklich entspannt. Auf dem Weg zum Abendessen und anschließend im Speisesaal geht es meist sehr fröhlich zu. Wir möchten diese Singstunde nicht mehr missen, weil sie sich positiv auf das Gemeinschaftsleben auswirkt und die Schwestern viel ausgeglichener sind. Auch diejenigen, die nicht mehr mitsingen können, fühlen sich in dieser Stunde wohl und sind zufrieden dazwischen.

Als ich einmal meinen „stillen Tag“ hatte, klopfte es um die Zeit, in der wir immer singen, an meine Tür, und eine Schwester, die sich noch selbst mit dem Rollator fortbewegen kann, stand davor und sagte, dass sie alle schon da seien, nur ich würde noch fehlen. Da musste ich doch lachen, weil sich die Schwestern sonst sehr schlecht etwas merken können, aber die Singstunde, die ist in Kopf und Herz eingegangen. Zum Glück haben sie akzeptiert, dass es an diesem Tag nicht möglich war.

Vor kurzem sagte eine Schwester nach dem Singen: „Was ist es doch gut, dass wir für uns so schön singen können.“ Inzwischen wissen wir, dass wir nicht nur für uns singen, sondern auch Echos von anderen Schwestern bekommen, die sich im Haus darüber freuen, wenn sie unsere Lieder hören.

„Musik ist die Vorfreude auf den Himmel“ (H. Lahm)