03.03.2024

Mütterliches Herz des Hauses, eine „Weltenmutter“

Sr. M. Siglinde Hilser
Deutschland

„Das Wichtigste ist, immer dort zu sein,

wo Gott uns haben will.“  G. Bernanos

Am Samstag, 27. Januar 2024 holte der Dreifaltige Gott unsere liebe 

Schwester Marie-Gudrun Glückert

heim in seine ewige Liebe.

Am 13. Januar 2024 ging es Sr. Marie-Gudrun gesundheitlich so schlecht, dass sie in Temeswar, Rumänien, ins Krankenhaus gebracht werden musste. Die Untersuchungen ergaben eine weitfortgeschrittene Krebserkrankung, die nicht mehr operiert werden konnte. Damit ihr eine gute Palliativ-Behandlung zuteil werden könnte, wagte ihre Oberin mit ihr am 16. Januar den Flug nach Deutschland. Seitdem war sie in Tübingen in der Klinik. Dort empfing sie noch die Krankensalbung.

Danach verschlechterte sich ihr Gesundheitszustand rapide, sodass wir sie nicht mehr allein ließen. Am Spätnachmittag des 27.1. ging sie still heim.

Es erschüttert uns und sehr viele Menschen, dass Sr. Marie-Gudrun so schnell von uns gehen musste. Und doch ist ihr Sterben gerade an diesem Tag auch wie eine Zusage an uns.

Denn am 27.1. erhielten neun junge Frauen aus sechs verschiedenen Ländern in Schönstatt unser Schwesternkleid als Zeichen der Aufnahme in unsere Gemeinschaft. So vertrauen wir zuversichtlich, dass Sr. Marie-Gudrun unser großes Anliegen um Berufungen in unsere Familie und alle Schönstattgemeinschaften auch weiterhin von der Ewigkeit aus unterstützen wird.

In einem Interview, das das Pressebüro der Diözese Temeswar mit Sr. Marie-Gudrun im Dezember 2020 führte, berichtet sie selbst aus ihrem Leben:

„Am 5. Oktober 1945 bin ich in Üchtelhausen, einem Dorf nahe der Industriestadt Schweinfurt, Unterfranken/Bayern, Deutschland, geboren. Ich wuchs mit zwei Brüdern und einer Schwester in einer katholischen Familie auf. Unser Ort war zu dieser Zeit noch von einer gut katholischen Tradition geprägt. Ein Priester aus der Schönstattbewegung machte uns mit dieser Bewegung bekannt. Weil mich die Spiritualität und Ziele innerlich angesprochen haben, schloss ich mich einer Gruppe an.
Nach dem Besuch der Volksschule besuchte ich die Städtische Mittelschule in Schweinfurt mit dem Abschluss der Mittleren Reife.

Mit etwa 14 oder 15 Jahren beschäftigte mich die Frage, in welche Richtung mein Lebensweg gehen soll – abgesehen von der beruflichen Tätigkeit. Da erhielt ich eines Tages eine Spruchkarte, deren Text für mich ein roter Faden für die Zukunft wurde. Er lautet:

 „Das Wichtigste ist, immer dort zu sein, wo Gott uns haben will.“ Georges Bernanos

 Bis zum Beginn der Ausbildung als Erzieherin arbeitete ich als kaufmännische Angestellte, dann als Justizangestellte beim Landgericht Schweinfurt, um mir einen finanziellen Grundstock für die spätere Ausbildung zu schaffen.
Von 1966 bis 1968 besuchte ich das Seminar für Sozialpädagogik der Schönstätter Marienschwestern auf der Liebfrauenhöhe bei Rottenburg am Neckar. Zum anschließenden Anerkennungsjahr war ich in Bamberg in einem Übergangsheim für Kinder von deutschen Spätaussiedlern aus Polen, Ungarn, dem ehemaligen Jugoslawien, Russland. Die Kinder und Jugendlichen sollten vor allem die deutsche Sprache lernen und mit der westlichen Kultur vertraut werden. … Dieses Jahr wurde für mich eine wertvolle Erfahrung und vermittelte mir einen Einblick in die kommunistische Erziehungsweise und Prägung. Ich erlebte, was es bedeutet, einen neuen Anfang in einem fremden Land zu machen, die Sprache nicht zu verstehen und Heimweh zu haben: Eine erste „Begegnung“ mit Menschen aus östlichen Ländern.“

Im September 1969 trat Sr. Marie-Gudrun auf der Liebfrauenhöhe in unsere Gemeinschaft ein. Am 1. März 1970 erhielt sie mit ihren Kursschwestern das Schwesternkleid und am 10. Dezember 1970 weihte sich der Kurs der Gottesmutter im Liebesbündnis. Ihr Ewig sprach sie am 8. Dezember 1978.

Nach dem Noviziat war sie auf der Liebfrauenhöhe im Speisesaal der Wallfahrer eingesetzt, sowie als Kindergärtnerin zur Vertretung in Ergenzingen, in München und Karlsruhe und später als Heimerzieherin in der Liebfrauenschule.

Anfang September 1977 wurde sie in die Dynamische Provinz versetzt und arbeitete in der Familienbewegung der Diözesen Würzburg und Eichstätt, von Mai 1982 bis Dezember 1989 auch in Augsburg.

Von 1989 bis 1991 war sie kommissarische Hauptstandesleiterin der Familienbewegung; ab 1986 zwölf Jahre Provinzratsschwester der Dynamischen Provinz.

1993 schied sie aus der Bewegungsarbeit aus und diente den Schwestern der Provinzhausfiliale Marienland für sechs Jahre als Oberin. Anschließend war sie 4 ½ Jahre Oberin und Leiterin der Bildungsstätte Marienland.

Am 16.11.2003 gab es wiederum einen Einschnitt in Sr. Marie-Gudruns Leben. Sie berichtet im oben genannten Interview darüber:

„Meine Vorgesetzten baten mich, das Amt als Provinzoberin für Bayern und die Donauländer Österreich und Rumänien zu übernehmen. „Wie soll das geschehen?“ fragte ich wie die Gottesmutter in der Verkündigungsstunde. Ich erinnerte mich wieder an den Satz: „Das Wichtigste ist, immer dort zu sein, wo Gott uns haben will!“

In den nachfolgenden zwölf Jahren reiste sie auch einige Mal nach Rumänien, um Kontakt mit den Bischöfen aufzunehmen und die Heimat und Familien unserer Mitschwestern aus Rumänien kennenzulernen. Pfarrer Kapor, einer der ersten Schönstattpriester in Rumänien, erinnerte am 16.1. bei der hl. Messe vor ihrem Abflug daran: „Wir danken Ihnen für die Wege, die Sie als Provinzoberin in Siebenbürgen, in Sathmar, in Oradea, in Arad und in Temeswar zwölf Jahre lang gegangen sind, um für ihre Mitschwestern eine Niederlassung vorzubereiten!”

Nach ihrer Ablösung als Provinzoberin übernahm Sr. Marie-Gudrun im Oktober 2016 im Schönstattzentrum Waldstetten, Erzdiözese Freiburg, die Haus- und Wallfahrtsleitung.

Ihre Freude war groß, als im Frühjahr 2019 die erste Filiale mit drei Schwestern in Temeswar gegründet wurde. Im Frühsommer des gleichen Jahres brachte „der Engel des Herrn“ eine neue „Botschaft“ für sie. Es war die Anfrage, ob sie zur Mithilfe und Unterstützung der Schwestern in Temeswar nach Rumänien gehen könne.

Sie notierte:
„Bei aller Verbundenheit mit Rumänien hätte ich dennoch nicht an einen konkreten Einsatz vor Ort gedacht. Doch, da kam mir wieder ‚mein Satz‘ in den Sinn: „Das Wichtigste ist, immer dort zu sein, wo Gott uns haben will.“ Pater Kentenich hat einmal zu einer Schwester gesagt: „Der Segen Gottes erreicht Sie jetzt dort, wohin Sie gehen sollen.“ Also nicht da, wo ich gerne bleiben möchte, wenn es nicht Gottes Wille ist. Obwohl es für mich keine Frage war, zum Willen Gottes ja zu sagen, gab es doch eine Zeit des Abwägens, des Für und Wider, vor allem auch im Blick auf mein schon fortgeschrittenes Alter. Ausschlaggebend, dass ich mich für Rumänien entschieden habe, war die Tatsache, dass ich schon eine Beziehung zu diesem Land hatte und dass ich die Schwestern, die dort sind, kenne. Auch die Tatsache, dass sich diese Schwestern über mein Kommen freuen würden, hat mich motiviert und den neuen Schritt leichter gemacht.“

 Seit dem 23. Oktober 2019 gehörte Sr. Marie-Gudrun zur Filiale. Sie war die Seele, das mütterliche Herz des Hauses, eine Weltenmutter – für die Filialschwestern und die vielen Gäste, die immer zahlreicher kamen. Noch im November 2023 konnten viele diese Erfahrung machen während des „Miteinander für Europa“-Treffens in Temeswar.

Und nun hat der Himmel ein so schnelles Abschiednehmen verlangt -.

Im erwähnten Interview erklärte sie: „Als Fazit meiner Erfahrungen darf ich sagen, dass mir der Aufenthalt in Rumänien … eine gewisse Weite meines Lebenshorizontes geschenkt hat und dass das Älterwerden Chancen für neue Perspektiven, neue Lebensfreude und noch einen gewissen Hauch an jugendlicher Beschwingtheit haben kann. Es ist auch schön, noch eine Aufgabe erfüllen zu können, die dazu beiträgt, dass innerlich und äußerlich etwas wachsen kann. Ich bin dankbar, dass ich mit meinen Kräften helfen kann, dass die Schönstattbewegung in Rumänien zum Segen für die Diözese Temeswar und für das ganze Land fruchtbar wird.“

Mit großer Freude hat sie in den zurückliegenden Monaten die Schönstatt-Aufenthalte der Familiengruppe, der Pilgerheiligtumsgruppe sowie der ersten rumänisch-ungarischen Wallfahrtsgruppe der Studenten und Studentinnen aus Temeswar mit ihrem Gebet unterstützt. So sind wir überzeugt, dass Sr. Marie-Gudrun von der Ewigkeit aus weiterhin den Schönstattaufbau in Rumänien mit großem Interesse begleitet.

Von Herzen danken wir Sr. Marie-Gudrun für ihr mütterlich dienendes Herz,

ihren Mut, ihre Opferbereitschaft,

ihr stetes Ja-Sagen zu den Orten und Aufgaben, wo Gott sie haben wollte!