01.04.2022

Ankunft von Pater Kentenich in Dachau vor 80 Jahren

Sr. M. Elinor Grimm

Ein Taborerlebnis

war der Sonntag, 13. März 2022

für alle aus der Schönstattbewegung, die nach Dachau gekommen waren, um an die Ankunft von Pater Kentenich vor 80 Jahren zu erinnern. Das Wetter – ein strahlend blauer Himmel – stimmte dazu ein.

Ganz anders die Situation aktuell in der Ukraine und in anderen Kriegsgebieten – ganz anders vor 80 Jahren, als Pater Kentenich am 13.3.1942 als Häftling Nr. 29392 ins Konzentrationslager kam.

Weihbischof Dr. Josef Graf, Regensburg, ging in seiner Predigt genau auf diesen Kontrast des zweiten Fastensonntags – Taborereignis im Sonntagsevangelium – und der Realität des Konzentrationslagers auf der anderen Seite ein. Erst wenn man tiefer schaut, meinte er, mit gläubigem Blick, kann man erkennen, wie auch die liturgischen Lesungen dieses Sonntags zu Pater Kentenich passen. Der Paulusbrief der zweiten Lesung kann uns erinnern, dass J. Kentenich beim Schriftverkehr im KZ zur Tarnung den Namen Paulus für sich verwendete.

Kurzfristig war der Gottesdienst wegen der Kälte und dem gesperrten Durchgang im Lager in die Kirche des Karmel verlegt worden. Dort gab es wegen der Covid-Maßnahmen nur 20 Plätze! Maßarbeit, es passte genau. Niemand musste vor der Türe stehen. Die ganze Schönstattfamilie war vertreten mit Verband, Bund, Liga und Wallfahrtskreis. Nach der hl. Messe hat eine Karmelitin uns kurz das Durchgangstor für unsere Statio am Block 13 geöffnet. Am Block 26 erinnerten wir an die Lagerkapelle. In der Todesangst-Christi-Kapelle beteten wir intensiv um Frieden und sangen auf Wunsch eines Teilnehmers voll Vertrauen: „We shall overcome …“.

Am Abend gab es das Filmangebot „Arche und Leuchtturm“, ein Dokumentarfilm über Pater Kentenich im KZ Dachau. Danach war ein reger Austausch, „Begegnung“ innerhalb der Schönstattfamilie – international. Man wollte auch hören, wie es vormittags in Dachau war. Anton Pfaffenzeller und Sr. M. Elinor berichteten.

Am Freitag stimmten sich die Teilnehmer bereits durch ein digitales Kreuzweggebet auf den Sonntag ein. Damals 1942 war es ein Freitag, als Pater Kentenich in Dachau ankam. Der Mithäftling Heinz Dresbach ist als Zeitzeuge mehrmals zu hören, wie er Jahre später eine Schönstattgruppe in Dachau anhand des Kreuzweges durch die die Gedenkstätte führte.

 Aus der Predigt des Weihbischofs:

In der Predigt wies der Weihbischof auf die scheinbaren Gegensätze hin:
„Im Evangelium das Lichterlebnis auf dem Berg der Verklärung und für Pater Kentenich die Ankunft hier in der Hölle des Konzentrationslagers. Der herrliche Berg der Verklärung auf der einen Seite und die Erniedrigung der Häftlinge hier in Dachau …“ 

 

Weihbischof Graf zitierte aus „Ein Leben am Rande des Vulkans“ von Dorothea Schlickmann aus der Einführungsrede des Blockältesten Hugo Gutmann am Abend des 13. März 1942, bei der dieser ganz bewusst Pater Kentenich provozierend ansprach:
„Ihr Pfaffen, ihr redet vom Herrgott! Mir ist der hier noch nie begegnet!“ Dabei blickte er Pater Kentenich herausfordernd direkt ins Gesicht: „Dir vielleicht?“ – Die Antwort von Pater Kentenich: „Wenn Ihnen hier der Herrgott noch nicht begegnet ist, dann aber sicher der Teufel.“ (S. 186 ff)

Weihbischof Graf fährt in der Predigt fort:
„Ja, ein Konzentrationslager musste von den Häftlingen eher als Herrschaftsbereich des Teufels denn als Ort der Gottesbegegnung empfunden werden. Eine Hölle auf Erden statt ein Vorauskosten des Himmels, wie es der biblische Berg der Verklärung ist. Welch ein Gegensatz zwischen dieser gleichsam himmlischen Szene und der Hölle eines Konzentrationslagers. Auf den ersten Blick ist das so … Und dann erst die machtvolle Stimme aus der Wolke, dem Symbol der Gegenwart Gottes. Sie verkündet Jesus als den Sohn Gottes … Die Jünger brauchen dieses Zeugnis so sehr. Und ist es nicht tröstlich für uns? Obwohl ihnen so ein Licht aufgeht auf dem Tabor, werden sie dennoch an Jesus zweifeln, wenn es auf den Kalvarienberg geht … Trost für uns, denen auch die Zweifel an Gott kommen können. Trost für uns, wenn auch in uns die Angst aufsteigt und unser Leben zu einem Kreuzweg wird …“.

„Der Kreuzweg der Konzentrationslager-Häftlinge. Es war auch Pater Kentenich nicht erspart. Dann gibt es aber bei ihm noch eine andere Seite, sozusagen die geistliche, die Innenseite: Pater Kentenich ist auf seinem harten Kreuzweg hier im Konzentrationslager in Dachau immer mehr in die Ergebenheit in den Willen Gottes und in die Christusnachfolge hineingereift … So konnte er dann für andere auf ihrem Kreuzweg im Konzentrationslager von Dachau zum Helfer werden. Im leiblichen und im seelischen Bereich. Vor allem den dort mit ihm inhaftierten Priestern.“

„Pater Josef Kentenichs Leidensweg in Dachau ist fruchtbar geworden. Sein Kreuzweg im Konzentrationslager ist zu einem Heilsweg geworden für viele. Fast könnte man an das Pauluswort denken: Ich „ergänze … in meinem irdischen Leben das, was an den Leiden Christi noch fehlt.“ (Kol 1,24)

„Wir dürfen voll Zuversicht glauben, dass der vorbildliche Priester Pater Josef Kentenich mit seiner unsterblichen Seele bereits Anteil hat an diesem Ostersieg. Er hatte nicht nur während seiner mehr als drei Jahre im Konzentrationslager hier in Dachau einen Kreuzweg zu gehen. Dachau war wohl für ihn die von den leiblichen Qualen her härteste Zeit. Doch da war dann später noch das Kreuz des Missverstandenwerdens. Verdächtigungen der mangelnden katholischen Rechtgläubigkeit, das langjährige Exil in Milwaukee in den USA, wo er allerdings auch fruchtbar als Seelsorger wirkte.

Mögen alle Kreuzwege, die Pater Josef Kentenich erlitten hat und tapfer gegangen ist, weiterhin zum Segen werden für seine Gemeinschaft und so für die ganze Kirche. Und möge er bald zum Seligen unserer Kirche erklärt werden.“ (Weihbischof Graf)