„Die Heiligkeit ist das schönste Antlitz der Kirche“
schreibt Papst Franziskus,[1] und er macht darauf aufmerksam, dass viele Heilige, die nicht heiliggesprochen sind, uns doch durch das Zeugnis ihres Lebens ermutigen und begleiten.
Wir können mit Freude hier eines dieser „schönen Antlitze“ unserer Schwesternfamilie vorzustellen, dessen Gegenwart unter uns das Wesen Mariens ausgestrahlt hat:
Schwester M. Lucy Sakamoto
Es sind 28 Jahre her, dass Gott sie im Jahre 1993 in die Ewigkeit gerufen hat, aber die Kraft ihres Zeugnisses berührt uns noch heute. Als Kind japanischer Eltern wurde sie am 13. Dezember 1928 in Taquaritinga/Staat São Paulo, geboren und wurde in der buddhistischen Kultur erzogen. Die göttliche Vorsehung fügte es und wies ihr den Weg zu einer katholischen Schule in Curitiba/Staat Paraná, wo sie im Alter von 17 Jahren zum katholischen Glauben übertrat und die Sakramente empfing. Um ihr zu helfen, ihre Lebensaufgabe zu verwirklichen, führte Gott ihre Familie 1948 nach Londrina/Staat Paraná, wo die junge Lucy nach Abschluss ihres Studiums als Lehrerin in unserer Schule „Mãe de Deus“ unterrichtete. Sie identifizierte sich bald mit der Spiritualität Schönstatts. Und mit dem Wunsch, ein lebendiges Abbild Mariens zu werden, trat sie in unser Institut ein.
Lucy war für das Religiöse sehr aufgeschlossen und fand eine tiefe Heimat im Herzen der Gottesmutter, der Königin im Heiligtum, in der Spiritualität Schönstatts, in der Person des Gründers und in der Schwesternfamilie.
Viele, die sie kannten, bezeugen, dass sie im lebendigen Heiligtum ihres Herzens ein Zuhause gefunden haben. Eine Schwester, die viele Jahre in ihrer Nähe lebte, bezeugt: „Sie hatte immer Zeit, sich anderen Menschen zu widmen, die mit vielen Problemen zu ihr kamen. Die Personen waren immer sehr dankbar und sagten: `Sie wurde von Gott gesandt´.“
Sie führt zum Heiligtum
Sr. M. Lucy stellte mit Freude ihre Talente für die Verwirklichung des Charismas unseres Gründers in verschiedenen Aufgaben zur Verfügung. Sie war immer im Bereich der Erziehung und der Seelsorge für die in Brasilien lebenden Japaner tätig. Mitty und Luiz Shiroma von der Familienliga in Londrina bezeugen: „Als wir heiraten wollten, half uns Sr. M. Lucy bei den Vorbereitungen für die Errichtung des Hausheiligtums mit dem Bild der Gottesmutter in unserem zukünftigen Heim. Als wir heirateten, war die Gottesmutter schon da und hat mit ihrem Sohn auf uns gewartet. Es war für uns ein großer Segen!
Von da an lud sie uns zu den Feiern am 18. jeden Monats oder zu einem wichtigen Ereignis im Heiligtum ein. Im August 1991 schlossen wir uns der Familienliga an und begannen unseren Weg in der Schönstattfamilie. Unserer ‚geistigen Patin‘ ewige Dankbarkeit, die nun vom Himmel aus bei der Gottesmutter für uns eintritt.“
Ihre apostolische Tätigkeit war fruchtbar, weil sie lehrte, was sie lebte, wie eine Schwester es beschreibt: „Ich erinnere mich daran, sie im Heiligtum vor dem allerheiligsten Sakrament gesehen zu haben, ganz in das Göttliche versunken. Sie war eine äußerst dienstbereite und betende Schwester”. Sie nahm die Schönstatt-Spiritualität ernst und praktizierte sie bis in ihre letzten Tage. Eine Person, die sie begleitete, berichtet: „Eines Nachts schaffte sie es mit viel Mühe und Unterstützung, sich in ihrem Bett aufzusetzen, und mit schwacher Stimme bat sie mich, ihr ihre Geistliche Tagesordnung zu geben, um die Notizen für den Tag zu machen. Sie war immer treu, auch in den kleinen Dingen!“
Neben der pastoralen Arbeit war Sr. M. Lucy in der Kunsterziehung tätig, sowohl in der Schule als auch in unserer Gemeinschaft. „Sie war immer dabei, jemandem zu helfen oder etwas zu tun“, sagt eine ihrer Mitschwestern.
„Mit Barmherzigkeit sehen und handeln, das ist Heiligkeit.“[2]
Diese Worte von Papst Franziskus bringen uns sofort die diskrete und aufopferungsvolle Hingabe von Sr. M. Lucy an ihre Familie in Erinnerung. Jahrelang sorgte sie, nachdem der Vater von Gott unerwartet schnell in die Ewigkeit gerufen wurde, täglich für ihre betagte Mutter und ihre beiden querschnittsgelähmten Brüder, weshalb sie oft auf der Filiale, zu der sie gehörte, fehlen musste. Aber sie organisierte sich selbst so, dass ihre Abwesenheit die täglichen Aktivitäten der Schwestern nicht störte.
„… offenbart sich das Herz Christi selbst“[3]
Diese Worte, mit denen Papst Franziskus immer wieder diejenigen beschreibt, die ein heiliges Leben führen, können auf Sr. M. Lucy angewandt werden, vor allem während ihrer Krankheit – Bauchspeicheldrüsenkrebs – die zu ihrem Tod führte und ihr viele Schmerzen bereitete: „Jeder Schmerz ist ein Sakramentale“, pflegte sie zu sagen und wiederholte und lebte die Worte unseres Gründers.
Als Sr. M. Lucy hörte, dass eine junge Frau ihre Berufsentscheidung traf, betete sie für sie und opferte für sie die vielen Schmerzen ihrer Krankheit auf und die vielen Spritzen, die sie bekommen musste. Der Schwester, die ein junges Mädchen begleitete, sagte sie einmal: „Jede Injektion ist für die Eroberung einer Berufung. Es sind bereits 64!“
Ihre Krankenschwester erinnert sich: „Ich habe sie oft zu Arztterminen begleitet. Manchmal konnte man sehen, wie niedergeschlagen und schwach sie war, und sicherlich hatte sie große Schmerzen. Aber ich habe nie gehört, dass sie sich beklagt hätte. Sie war immer sehr dankbar und herzlich. Sie hat alles dem Wohlwollen Gottes zugeschrieben und alles fürs Gnadenkapital aufgeopfert.“ Sr. M. Lucy „lebte ruhig angesichts der großen Kreuze, die sie bedrängten; sie gab sich ganz dem Willen des Vaters hin“, bestätigt eine andere Schwester.
Selbst dem Arzt, der sie begleitete, entging nicht, wie groß ihre Seele war. In den letzten Tagen ihres Lebens sagte er: „Ich weiß, dass sie nie sagt, dass sie müde ist … Sie gibt sich ganz den anderen hin, ohne an sich selbst zu denken. Sie ist immer froh, auch wenn es ihr sehr schlecht geht. Ich sage ihr, dass sie sich schonen müsse. Sie schaut mich an und lächelt nur. Sie ist eine Heilige!“
„Die Heiligen sind die maßgeblichen Zeugen der Hoffnung.“[4]
Wenn wir an Sr. M. Lucy denken, kommt uns immer das Bild Mariens bei ihrem Besuch bei Elisabeth in den Sinn, denn dort dient sie, ganz mit Christus verbunden, und ihr Herz fließt über vor Freude in Gott. „Sie hatte ein leuchtendes Lächeln oder ein heiteres Gesicht. Ich hatte immer die Überzeugung, eine heilige Marienschwester erlebt und mit ihr gelebt zu haben“, schließt die Schwester, die fast immer mit Sr. M. Lucy zusammen wohnte.
Aus diesem Grund können wir diesen Schatz nicht nur für uns behalten. Mit großer Freude stimmen wir unser Dankeslied an, weil Gott uns dieses Abbild Mariens geschenkt hat und weil wir sicher sind, dass sie vom Himmel aus weiter dient und uns zulächelt.