16.06.2021

Schwester M. Franciszka Orzeł / Polen (1954-2021)


Polen

Eine Schwester mit großem Herzen

Schwester M. Franciszka Orzeł ist eine Schwester, die in unserer Gemeinschaft unauslöschliche Spuren hinterlassen hat. Ich denke, nicht nur, weil sie vor relativ kurzer Zeit – plötzlich und unerwartet für uns alle – infolge eines schweren Verlaufs einer Corona-Virus-Infektion – gestorben ist.

Ihr Profil spiegelt sich in ihrem Nachnamen wider: „Orzeł“, d.h. „Adler“, assoziiert einen majestätischen, außergewöhnlichen Vogel mit „hohen Flügen“. Auch das Leben von Schwester M. Franciszka war „überdurchschnittlich“. Sie sah immer ein klares Ziel in ihrem Leben – Gott. Und der größte Wunsch ihres Lebens war es, so viele Menschen wie möglich zu Gott zu bringen – aus allen Nationen. Sie war bereit, buchstäblich „bis an die Enden der Erde“ zu gehen, um überall apostolisch zu sein und den Menschen von Gott und unserem Weg zu ihm durch das Liebesbündnis mit Maria zu erzählen.

Missionarin von Kindheit an

Schwester M. Franciszka wurde am 7. Januar 1954 in Nowy Sącz, im südöstlichen Teil Polens, in der bergigen Region der Karpaten, geboren. Aus ihrem Elternhaus brachte sie eine tiefe Religiosität und eine starke Persönlichkeit mit. Während der Zeit ihrer Schulausbildung im Lyzeum engagierte sie sich im Leben der Heimatpfarrei und begeisterte sich für die missionarische Sendung der Kirche. Der Wunsch, dem Missionswerk der Kirche zu dienen, führte sie in unsere Gemeinschaft. Dieser Evangelisierungseifer begleitete ihr ganzes Leben.

Im Juni 1974 trat Schwester M. Franciszka in unsere Schwesterngemeinschaft in Otwock-Świder ein. Gleich nach dem Noviziat gründete sie einen Missionskreis, um den missionarischen Geist der Gemeinschaft zu beleben und die Missionare mit Gebet zu unterstützen. Sie machte eine medizinische Ausbildung und wurde Krankenschwester. Später schloss sie auch ein Theologiestudium ab.

Immer auf der Suche nach „etwas mehr“

Im Juni 1978 begann sie ihre Arbeit mit der Mädchenjugend in der Diözese Opole (Oppeln), die sie im Auftrag der Pastoralabteilung der Diözese mit apostolischem Eifer ausübte. In Zusammenarbeit mit Schwester M. Franciszka entstand in der Diözese Opole ein „apostolisches Netzwerk“, das oft mehrere Ortschaften umfasste. Dort wurde die Jugendarbeit der Diözese lebendig.

In späteren Jahren trug diese Arbeit gesegnete Früchte in zahlreichen Schönstatt-Mädchenjugendgruppen und Berufungen in unser Institut. Wegen ihrer Aufgabe hatte Schwester M. Franciszka auch die Möglichkeit, an mehreren internationalen Pastoraltreffen teilzunehmen.

Im August 1983 ermöglichte ihr die Provinz die Teilnahme an einem Sprachkurs in Deutschland, um dann in Schönstatt an einem internationalen Seminar teilnehmen zu können. Nach ihrer Rückkehr erfüllte sie verschiedene Aufgaben in unserer Gemeinschaft, u.a. als Provinzassistentin und Verantwortliche für die in der Schönstattbewegung tätigen Schwestern. Immer noch lebte aber in ihr ein großer Eifer, der sie zu „etwas mehr“ rief.

Im Mai 1990 ging Schwester M. Franciszka mit der ersten Gruppe von Schwestern unserer Provinz nach Weißrussland (Grodno). Dabei war es ihr ein Anliegen, dort Möglichkeiten für unsere apostolische Arbeit zu finden und Grundlagen für die Schönstattsendung in diesem Land zu schaffen. Mit Mut und äußerst selbstlos engagierte sie sich dabei und half beim Aufbau der Strukturen der örtlichen Kirche – u.a. der „Caritas“ und des Priesterseminars.

Mit ihrem Organisationstalent und ihrer ausgesprochenen Kontaktfähigkeit konnte sie auch vielen Menschen vor Ort helfen. Seit 1992 hat sie die Verantwortung für unsere Schwestern übernommen, die in Russland arbeiten und das Leben der Ortskirche unterstützen.

In den sieben Jahren ihres aufopferungsvollen Dienstes in Weißrussland hat Schwester M. Franciska ihre Spuren in den Herzen vieler Menschen hinterlassen. Und man könnte auch sagen, dass sie dort ein Stück ihres Herzens hinterlassen hat. Sie erzählte oft von dieser apostolischen Arbeit und ermutigte uns zu apostolischem Eifer und zur Verantwortung für die Verkündigung unserer Sendung, besonders bei den slawischen Völkern. Sie träumte davon, eines Tages nach China zu fahren.

Im Jahr 1997 wurde Schwester M. Franciszka zur Provinzoberin unserer polnischen Provinz ernannt und diente ihr in diesem Amt bis November 2009. In dieser Zeit setzte sie all ihre Talente und Kräfte für unsere Gemeinschaft ein.

Im Jahr 2010 wurde sie zur Oberin der Filiale in Koszalin ernannt. Auch dort hat sie sich in der Erinnerung und in den Herzen vieler Menschen eingeprägt. Nach sechs Jahren, im Jahr 2016, wurde sie nach Bydgoszcz (Bromberg) versetzt und war für die Wallfahrtsarbeit beim dortigen Vertrauensheiligtum verantwortlich. Mit unermüdlichem Eifer stand sie den Pilgern zur Verfügung und setzte sich besonders für das Apostolat der Pilgernden Gottesmutter in diesem Teil Polens ein.

Mitten in ihrer aktiven Tätigkeit stellte sich heraus, dass Schwester M. Franciszka mit dem Corona-Virus infiziert worden war. Ihr Organismus, der schon von anderen Krankheiten geschwächt war, wehrte sich, doch eine Einlieferung ins Krankenhaus unmittelbar vor Weihnachten – am 23.12.2020 – war nicht zu umgehen. Die Ärzte versuchten alles, um ihr Leben zu retten. Für Schwester M. Franciszka war der Krankenhausaufenthalt ein bewusstes Sich-Einschalten in das Geheimnis des Kreuzes Christi. Mit großer religiöser Reife wertete sie diese Zeit aus, die der himmlische Vater ihr gab, und bereitete sich darauf vor, ihm in der Ewigkeit zu begegnen. Wir alle als Provinzgemeinschaft haben in dieser Zeit viel gebetet und darauf vertraut, dass sie ihre Krankheit überwinden würde. In Gottes Plänen stand aber anders. Schwester M. Franciszka ist am 4. Januar 2021 verstorben. Wir glauben jedoch, dass das Opfer ihres Lebens reiche Früchte tragen wird.

Gesegnete Früchte

Der liebe Gott hat in Schwester M. Franciszka unsere Provinz mit einer großen originellen Persönlichkeit beschenkt! Freudig und mit Offenheit für unsere Gemeinschaft und ihre Sendung brachte sie sich überall ein. Unerschrocken begegnete sie den Forderungen und Herausforderungen der Zeit. Mit Interesse, mit Gebet und ihren Opfern umfasste sie die großen Anliegen der Kirche und der Welt. Sie fühlte sich besonders verantwortlich für die missionarische Dimension der Kirche und für die Heiligkeit der Priester. Mit vielen Priestern war sie in Kontakt und unterstützte deren priesterlichen Dienst mit Wort und Gebet.

Als Person war sie kindlich schlicht, aufrichtig, spontan, und gleichzeitig sehr mutig, verantwortungsbewusst und zu 100 % an allem beteiligt. Das Leben und die Mission waren für sie eine „Leidenschaft“. Wo Schwester M. Franciszka war, war Leben, Humor, Freude. Sie war eine „geborene“ Missionarin und ein Apostel. In jedem Menschen sah sie die Würde des Gotteskindes und jeder war ihr wichtig: ein Kindergartenkind, eine einfache Frau vom Lande oder ein Bischof. Mit jedem konnte sie Kontakt aufnehmen und eine Spur der Liebe hinterlassen. Ein Priester drückte es nach ihrem Tod so aus: „Sie hat dem Menschen einfach gezeigt, dass er gut ist, dass er fähig ist, dass er sich engagieren kann: Sie hat ihm Flügel gegeben und ihn fliegen gelehrt. Wie es sich für einen Adler gehört.“

Nach dem Tod von Schwester M. Franciszka erhielten wir viele Beileidsbekundungen. Viele Menschen schrieben, dass sie die Freude und den Optimismus von Schwester M. Franciszka vermissen würden. Auch für uns war die plötzliche Heimkehr von Schwester M. Franciszka zum himmlischen Vater sehr schmerzhaft. Wir glauben aber, dass wir auch jetzt, und vielleicht sogar noch mehr, auf ihr Gebet zählen können in allen Anliegen, die für unsere Gemeinschaft, für die Schönstattbewegung und für die Kirche wichtig sind.